2007-08-09

Relativität des Glaubens (2) - "Mir tut mein Glauben gut"?

"Mir tut mein Glauben gut, ich fühle mich wohl, wenn ich bete".

In meinem ersten Post zum Thema "Relativität des Glaubens" bin ich darauf eingegangen, dass jemand, der an etwas glaubt und daraus auch Kraft zieht, nicht gleichzeitig glauben kann, dass es eigentlich egal ist, woran ein Mensch glaubt.

Ebenfalls in diesem Post tauchte auch die Meinung auf, dass es nur darauf ankomme, ob man sich mit seinem Glauben wohl fühle, ob es einem gut dabei gehe.

Der Vertreter dieser Meinung -ich hatte ihn Axel genannt- gab an, er würde an "Gott" glauben.

Im diesem ersten Post habe ich bereits gefolgert, dass Axel eigentlich gar nicht wirklich an die Existenz dieses Gottes glaubt, denn sonst könne er nicht gleichzeitig davon ausgehen, dass es völlig irrelevant ist, ob andere ebenfalls an ihn glauben oder an etwas anderes.

Hier nun möchte ich einen weiteren Aspekt ansprechen:

Axel spricht davon, dass es "ihm einfach gut tut" wenn er betet, das würde ihm helfen, und nur das sei wesentlich.

Auch hier zeigt sich, dass Axel eigentlich gar nicht an "Gott" glaubt, obwohl er dies behauptet, weil auch diese Aussage nicht schlüssig sondern inkonsequent ist.

  1. Axel geht davon aus, dass die einzige Bedeutung für seinen Glauben sein eigenes Wohlbefinden ist. Es tut ihm gut, wenn es ihm schlecht geht, zu "Gott" zu beten.
  2. Axel beschreibt, dass ihm "dies hilft". Das heißt offensichtlich aber nur, dass er sich dadurch besser fühlt, dass seine Gemütslage sich also verbessert hat.
  3. Das Gebet wird damit zu einem Selbstzweck, zu einer Aktion zur Verbesserung der eigenen Befindlichkeit, nicht anders als regelmäßige Turnübungen oder zur Not die Reha nach einem Unfall.
  4. Axel hat aber nicht davon gesprochen, dass er von dem "Gott", an den er sich gewendet hat, tatsächlich eine Hilfe erwartet, in dem Sinne, dass dieser in sein Leben aktiv eingreift. Schon gar nicht kann Axel mit dieser Einstellung für andere Menschen bitten, beispielsweise für einen kranken Freund.
  5. Eine "Gottheit" aber, von der ich gar keine aktive Hilfe erwarte, ist tatsächlich irrelevant und austauschbar. In diesem Sinne ist wirklich egal an was man glaubt, denn eine konkrete Antwort auf Gebet und Glauben erwartet man weder von den Glaubensinhalten der anderen Menschen, noch vom eigenen "Gott".
Die Tatsache, einen "Gott" zu postulieren und sogar zu ihm zu beten, gleichzeitig aber dessen Relevanz oder gar Existenz durch die Relativierung des Glaubens in der o.g. Art zu leugnen, ist für mich paradox.

Mir ist ziemlich rätselhaft, wie man bei vollem Bewußstsein einen solchen schizophrenen Glauben aufrecht erhalten kann.

Zum Verständnis bleiben mir letztlich nur zwei Punkte, die diese Einstellung aufrecht erhalten:
  1. Eben nunmal die Erfahrung, dass das Beten zu diesem "Gott" irgendwie gut tut. (Interessant ist, wieso Axel nicht von selbst auf die Idee kommt, es könne sich möglicherweise um einen psychologischen Effekt und Selbstbetrug handeln)
  2. Dieser "Gott", der zwar "gut tut" aber nicht wirklich antwortet, diese Strohpuppe, hat durchaus einen nicht zu verachtenden Vorteil: Sie ist anspruchslos.
Dieser Gott kommt in keinster Weise auf die Idee, mir irgendwie in mein Leben hineinreden zu wollen. Er macht mir kein schlechtes Gewissen, zwingt mich nicht, irgendwelche peinlichen Dinge zu tun und beansprucht vor allen Dingen auch keine Zeit.

Er ist der Dschinn aus der Flasche.

Auch in dieser Hinsicht ist der Glaube von Axel also jeglichen Inhaltes beraubt.

Was ich persönlich an dieser Stelle sehr schade finde ist, dass ein solcher "Glaube" aus Prinzip schon fertig ist. Selbstgenügsam, anspruchslos und inhaltsleer, stellt ein solcher Glaube keine Herausforderung mehr dar, treibt keine persönliche Entwicklung mehr voran.
Eine Suche nach tiefergehender Wahrheit, ein Streben den geglaubten Inhalten entgegen, findet nicht mehr statt.

Im vorhergehenden ersten Post zum Thema schrieb ich:

Wenn ich aber auf der Suche nach diesem Etwas bin, oder nach der Antwort auf das Warum, dann setzt das voraus, dass ich von der Existenz dieses Etwas und des Warum prinzipiell erst einmal ausgehe.

Dann gibt es aber keinen Glauben ohne Inhalt, denn das ist der Inhalt.
In diesem Sinne ist nicht egal, was ich glaube und was andere glauben, weil der Glaube prinzipiell nur dann in die richtige Richtung weist, solange ich mich dabei tatsächlich diesem Etwas annähere und mich auf die Antwort des Warum tatsächlich zubewege.

Glaube ist somit nie etwas Statisches, Fertiges, sondern immer ein Streben nach etwas.
Ein Weg, ein Prozess, ein Fortschreiten.
Glaube, der stehen bleibt, verdorrt und stirbt.

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