2007-06-19

Seelsorge und Wirkungsvolle Gemeinden in der Postmoderne

In einem Newsartikel vom Januar auf Baptisten.org mit dem Titel "Besser flirten lernen als darauf zu hoffen, dass Gott einen Partner schenkt" wird von einem Impulstag "Evangelisation" des Bundes Evangelisch freikirchlicher Gemeinden unter dem Motto: "Wirkungsvolle Gemeinde in der Postmoderne" berichtet, bei dem u.a. der im freikirchlichen Seelsorgebereich bekannte Psychologe Dr. Ulrich Giesekus auf den Stellenwert der Seelsorgearbeit für missionarisch ausgerichtete Kirchen hinweist, indem er anführt, dass "erfolgreiche missionarische Gemeinden [...] heutzutage meist eine starke Seelsorgearbeit [haben]" und wie wichtig in diesem Zusammenhang die Schuldbearbeitung in Form der Beichte ist. Dies scheint mir eine interessante Ein-/Ansicht zu sein, wird doch oft Seelsorgerarbeit in der Gemeinde als zunächst zentral zu Pastor und ggf. Leitungskreis gehörig und ansonsten irgendwo irgendwie implizit vorhanden verstanden.

Durch die unvollständige Thematisierung des Begriffes Seelsorge wird dieser auch gerade im Bereich der jüngeren Generation nur unzureichend vermittelt, möglicherweise sogar als "kanaanäisch" eher vermieden. So werden bei Jugendevents dann Mitarbeiter mit seelsorgerlichem Auftrag lieber als "Gesprächspartner" oder "ansprechbare Mitarbeiter" oder ähnliches bezeichnet, ein speziell eingerichteter Seelsorge-Raum zum "Raum der Stille" entschärft.

Das solche Vermeidung der Vermittlung von Begrifflichkeiten nicht unbedingt förderlich ist, wird dann deutlich, wenn die Zielgruppe, durchaus im Verständnis des eigentlichen Zwecks, eigene Begriffe sucht.
So wurde der "Raum der Stille" dann hinterrücks zum "Heulraum".

Der Begriff Seelsorge wird durch die Vermeidung nicht mehr adäquat und zeitgemäß vermittelt und im Gegenzug auch nicht mehr von Betroffenen als Angebot zur Lebenshilfe verstanden. Erst recht nicht, warum man ein Seelsorge-Angebot denn annehmen und einen Seelsorger ansprechen solle.

Ein neues Reden über und Klären der Bedeutung des Begriffes, auch gerade im Umfeld von nicht-alteingesessenen Christen (sprich: im Umfeld von Jugendarbeit und erwachsenen Neubekehrten) ist scheinbar notwendig.

Daneben meint der Artikel:
>>Die zentrale Frage für jede Gemeindearbeit heute müsse lauten: "Wie helfen wir einander zu leben, wie kriegen wir Gemeinde hin?" An Ideologien, auch an christlichen Überzeugungen, sei niemand mehr interessiert: "Mit Weltanschauungen lockt man keinen mehr hinter dem Ofen hervor." Auch die persönliche Frömmigkeit werde nicht über religiöse Institutionen wie Kirchen definiert, sondern ausschließlich über die persönliche Beziehung zu Gott.<<
Diese Aussagen werden etablierten Gemeindemitgliedern sicher Schwierigkeiten bereiten und haben Auswirkungen auf die Art und Weise, wie evangelistische Projekte, z.B. auch ein Alpha-Kurs, durchgeführt werden, und welche Fragen dort behandelt werden.


Zuletzt kommen in dem zitierten Artikel drei Pastoren (darunter Andreas Balsam, der Betreiber von futurefaith.de) über die Herausforderung durch die neue Bewegung "Emerging Church" zu Wort.
>>Diese stark durch das Internet beeinflusste weltweite Bewegung stellt das klassische Gemeindeleben nach ihren Worten völlig auf dem Kopf und findet immer mehr Anhänger. Der Hauptunterschied: Während sich normalerweise Gemeinden Aufgaben in der Gesellschaft suchen, um dann missionarische und diakonische Projekte ins Leben zu rufen, ist es in der Bewegung genau umgekehrt: Christen wissen sich von Gott beauftragt, etwas für ihre Umgebung zu tun. Sie schießen sich dann mit Gleichgesinnten zu einer "Emerging Church" zusammen.<<
Leider führt der Artikel hier nicht näher aus, wie das konkret aussieht und welche Auswirkungen das für die Arbeit bestehender Gemeinden hat.

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