In einem kürzlich veröffentlichten Blogpost schreibt Waldy(Schrotty) über das Thema "Wie kann ich geistlich fit bleiben?" .
Das Thema ist aktuell. Für viele. In vielen Gemeinden ist es leicht, in den Aktivismus mit hineingenommen zu werden. Schon bei Eintritt in die Mitgliedschaft wird darüber sinniert, was denn die Gaben (oft mit Begabungen verwechselt) sind, und an welchen Stellen sie denn in Form von Mitarbeit eingebracht werden können. Es geht im Wesentlichen um Aktivitäten.
Gerade in der heutigen Zeit ist aber wichtig, dass der spirituelle Aspekt wieder entdeckt und als Alternative zur Hektik der Umwelt gelehrt und gelebt wird.
Doch scheint mir irgendwie, dass Gemeinden so sehr verlernt haben, Spiritualität wirklich zu leben und zu vermitteln, dass man streckenweise wieder ganz von unten anfangen muss, das Thema neu zu entdecken. Vieles ist im Alltag der Gemeinde verschüttet worden.
Vor einiger Zeit habe ich selbst einen Kommentar-Artikel zu Gofi Müllers "Was Leidenschaft killt" geschrieben. Aber irgendwie war ich zu der Zeit selbst noch in einer Denk-Falle, denn die angesprochene Problemlösung scheint mir heute einfach nicht weit genug zu gehen.
Es muss viel stärker thematisiert werden, was Schrotty im Titel eines anderen Artikels ausdrückt: "Meine Zeit für Gott ersetzt niemals die Zeit mit Gott...".
Ich wünsche mir sehr, dass das Problem des Gemeinde-Aktivismus und von "Mitarbeiter statt Mitbruder" stärker angesprochen und bewußt angegangen wird. Mein Empfinden ist: So wie es jetzt ist, geht es nicht weiter.
Leider ist es so, dass wenig konkrete Hilfe für den Umgang im Alltag gegeben wird. Deine Spiritualität ist deine Privatsache. Und wenn du dann wirklich am Rande der (geistlichen) Erschöpfung stehst und denkst: "Bitte kein weiterer Termin, keine weitere Projektgruppe, Planungsrunden, Arbeitskreistreffen, Konferenzbesuche ...", oder auch lediglich "bitte keine weitere Andacht, Predigt, Bibelarbeit, Artikel, vorbereiten müssen...", dann hat jemand genau die Lösung für dich parat:
"Fahr doch einfach einmal ein paar Tage auf eine Einkehrfreizeit! Danach geht es dir bestimmt wieder besser".
Für das geistliche Leben gilt aber das Gleiche wie für den Herzinfarkt: Reha und Weitermachen wie bisher ist nicht die Lösung.
Der Lebensstil muss sich ändern. Einschneidend ändern. Aber auch das Umfeld, muss eine neue, gesunde Haltung mitentwickeln. In einer Umgebung, in der die fromme Fassade, das heile Image, mehr zählt, als der wahrhaftige Umgang mit den Problemen des Glaubens, wo der Einzelne an seinem Output bewertet wird und nicht mehr als Mensch an sich wahrgenommen wird, kann man sich keine Schwäche leisten.
In einem Umfeld in der hektischer Aktivismus, fettiges Essen und Alkohol weiterhin vorherrscht, ist der nächste Herzinfarkt vorprogrammiert.
Schafft eine Gemeinde jedoch den Schwenk dahin, als Gemeinschaft den Einzelnen wieder zu tragen, seines und allgemein das geistliche Leben wieder zu fördern und zum Hauptziel zu machen, wird eine seelsorgerliche Grundatmosphäre aufgebaut und geistliches Leben wieder als das Wesentliche der Gemeinschaft (der Menschen und mit Gott) erfahren.
Die Sehnsucht des Menschen geht dahin, geliebt zu werden und nicht bewertet. Liebevolle Annahme ist das wesentliche Element, was z.B. eine positive Eltern-Kind-Beziehung ausmacht. Ein Vater soll sein Kind nicht nach seinen (z.B. schulischen) Leistungen beurteilen. Das Kind sehnt sich nach der bedingungslosen Liebe, die tiefer geht. Die über die Äußerlichkeiten hinausgeht.
Von der Kanzel predigen wir gerne, dass Gott der Vater uns in dieser Weise liebt und annimmt. Und doch spricht das Leben auch in Gemeinde oftmals eine andere Sprache. (Es muss nicht gleich in Lieblosigkeit ausarten, Vernachlässigung dieses Prinzips reicht schon).
Die Wahrheit dieser Worte kann aber nur im tatsächlichen Miteinander der Menschen, die diese Worte predigen, als heilsame Wirklichkeit erfahren werden.
Wer Gottes Liebe und Güte predigt und nicht liebevoll und gütig mit sich selbst umgeht, macht sich und seine Lehre unglaubwürdig. Und gerade Leiter von Gruppen stehen da nicht nur für sich, sondern für die Gemeinschaft, die sie repräsentieren.
Ich glaube einfach, dass das Erleben dieser spirituellen Form von Gemeinschaft weitaus mehr nach Außen wirkt, als es die vielen Programme, Aktionen und Projekte tun. Ich habe ganz stark den Verdacht, dass die Menschen mit denen wir in Kontakt kommen, viel weniger an unseren "Angeboten" interessiert sind, und viel mehr Wert auf die Wahrnehmung des christlichen Wesens legen. Sie wollen wissen "wer bist du", und nicht "was machst du".
Sie wollen sehen "wie lebst du", und nicht "was sagst du".
Denn die Grundfrage ihres Lebens ist auch nicht: Was kann ich sagen und tun?
Die Grundfrage des Lebens ist: Wer darf ich sein, wie kann ich leben?
Hier fällt mir gerade der Klassiker "Haben oder Sein" von Erich Fromm ein. Aber in heutigen Gemeinden geht es nicht mehr um das Haben, als vielmehr um das Tun, was dem Sein im Wege steht.
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